Vereinigung Hildesheimer Schiffsmodellbauer
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Modellbau seit 1967



Direkt nach erfolgter Gründung der „Vereinigung der Hildesheimer Schiffsmodellbauer“ (im Laufe der Jahre ist das Wörtchen „der“ aus unserem Namen und das „i“ aus der Abkürzung „VHS“ entschwunden…) fand umgehend die erste Versammlung des Vereins statt. Schließlich galt es die notwendige Anzahl von mindestens 7 Mitgliedern zusammen zu bekommen, um als offizieller Verein zu gelten. Außerdem musste der Vorstand bestimmt werden. Weitere Entscheidungen wurden laut Protokoll in der ersten Versammlung nicht gefällt. Aber es scheint für ein erfolgreiches und langjähriges Bestehen des Vereins völlig ausreichend gewesen zu sein …


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Wie alles begann …
                                    … und wie es heute ist


Gedanken von Josef „Seppel“ Köhler zum dreißigjährigen Bestehen der VHS im Dezember 1997

Frühjahr 1966 – ein Junge, damals 12 Jahre alt, steht am Kalenberger Graben in Hildesheim und bewundert einige Modellbauer, die ihre Boote fahren lassen. Das Hobby fasziniert ihn.

Er fragt die Modellbauer aus: „Was kostet so ein Schiff? Was kostet die Anlage? Was braucht man noch?“ Die Antwort ist nicht sehr ermutigend: „ Ein Schiff zu bauen ist nicht ganz einfach. Die meisten Rümpfe sind aus Holz oder Dosenblech (!), denn es gibt keine fertigen Rümpfe. Eine Anlage kostet ca. 1.000 DM mit 4 Kanälen. Wenn du sie selbst fertigst oder gebraucht kaufst, kommst du mit 500 DM aus, für rechts-links und vor-zurück. Achte aber darauf, dass die Relais in Ordnung sind!“ (Damals gab es nur Tip-Tip-Fernsteuerungen, der Begriff „Proportionalfernsteuerung“ war unbekannt.)

Dennoch: der Gedanke, so ein Boot sein eigen zu nennen, ließ den Bengel nicht mehr los. Zu Hause erzählte er von seinem Wunsch, und dass er darauf sparen würde. Er legte Pfennig auf Pfennig und Mark auf Mark.

Zu seinem Geburtstag kam  die große Überraschung: EIN MODELLBAUSATZ! „Schnellbaukasten Constellation“ von Graupner stand darauf und die Sensation (damals): der Rumpf war fertig, wenn auch nur aus Styropor. Mit Eifer machten sich nun Papa (für dessen Mithilfe der Junge ihm noch heute dankbar ist) und sein Sohn an den Bau des Modells. Aber: es fehlte eine Fernsteuerung! Wie der Zufall es wollte – in einer Zeitungsanzeige wurde eine Anlage angeboten. Doch, oh Schreck: 350 DM für 4 Kanäle wollte der Mann haben. Aber die Eltern des Knaben waren großzügig  und gaben ihm die noch fehlenden 50 DM zum Ersparten dazu.

Nun war er „Schiffsmodellbauer“. Schiffsmodellbauer waren damals ein Haufen Enthusiasten, die manche Leute für nicht ganz dicht hielten, da sie sich mit so einem „Kinderkram“ abgaben. Der älteste und erfahrenste Modellbauer war „Opa Reich“. Jeden Sonntagmorgen erschien er mit seinem Bollerwagen und mehreren großen Schiffen am  Gewässer und forderte mit seinen Böllerschüssen die Schwäne zum Kampf Modellboot gegen Schwan auf. Manchmal gewannen auch die Schwäne …

Doch wie sah damals so eine Fernsteuerung aus? Das ist schnell gesagt: es waren Analog-Fernsteuerungen, die nur den Befehl links-rechts, vor-zurück kannten. Die Empfänger, wenn es eine 10-Kanal-Anlage war (heute sagt man: 5 Prop-Kanäle), hatten die Größe einer Stange Zigaretten, Motoren waren Scheibenwischer- oder Gebläsemotoren aus dem Auto. Wer es sich leisten konnte, fuhr Tycol-Double-Special-Motoren – ein Monstrum von 1.800g Gewicht, Drehzahl 6.500 Umdrehungen pro Minute bei 12 Volt, Stromverbrauch ca. 15Ah. Dementsprechend fuhr man nur Autobatterien oder Motorradakkus! Elektronische Fahrtregler gab es nicht! Mechanische Fahrtregler wurden über Rudermaschine und Hochleistungswiderstände gesteuert. Rudermaschine Bellamatic II und Kinematic II waren der absolute Hit!

So ging das Jahr 1966 vorbei…

Der Sommer 1967 kam. Jeden Sonntag traf man sich am Gewässer. Die Schar der Modellbauer war größer geworden.

Dann, im November 1967, wurde der heutige Hildesheimer Verein gegründet. Davon hörte der oben genannte Knabe, nun im zarten Alter von 14 Jahren, und trat im Januar 1968 dem Verein bei.

Aus 8 Mitgliedern wurden im Laufe der Jahre 40, ja manchmal sogar 50 Mitglieder. Der Verein blühte auf. Natürlich gab es auch manchmal Ärger – nicht zu vermeiden, wenn so viele Individualisten zusammentreffen.

Irgendwann wurde der  nun zum jungen Mann herangereifte kleine Bengel gebeten, den Vorstand des Vereines zu übernehmen. Er hat es die ganzen Jahre hindurch gern getan!

Zwischen 1966 und heute (Anm: Stand 1997...) liegt die Entwicklung der Proportionalfernsteuerungen, Polyesterrümpfe, perfekten Schnellbaukästen, Modellen mit 30 oder mehr Funktionen, das Aufkommen der Elektrorennbootklassen (bis 1972 wurde in Hildesheim noch mit Verbrennern mitten im Wohngebiet gefahren, ohne dass es gestört hat?!). Der Modellbau – unser Hobby – wurde im Laufe der Jahre „vermarktet“.

Daher fragt sich der Knabe von damals (im Jahr 1997):

Ist das noch Modellbau im damaligen Sinne? Muss ein Modell heute so teuer sein? Welcher Jugendliche kann sich das heute noch ersparen? Werden wir dadurch ein Klub von Snobisten? Haben wir uns zu Perfektionisten entwickelt? Gehen wir vielleicht zu sehr auf Leistung? Sind Platzierungen und Ränge so wichtig? Kommen wir nicht manchmal in die Versuchung, den eigenen Erfolg über das Motto von damals zu stellen, was da lautete: „Alle für Einen, Einer für Alle“?

Der Junge von damals ist immer noch Mitglied in der Vereinigung Hildesheimer Schiffsmodellbauer e.V. Das hat zwei einfache Gründe:

In unserem Verein lebt immer noch der damalige Grundgedanke von Modellbau weiter sowie die Kameradschaft untereinander. Das Miteinander Erleben ist trotz aller Stürme und Unwetter, die einen Verein jemals nur ereilen können, immer noch da!

P.S.: der kleine Junge von damals war ich,
                                               Josef Köhler


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Modellbau im Jahr 2017 (aus der Sicht im Jahre 1997)

Gedanken von Josef „Seppel“ Köhler anlässlich des dreißigjährigen Bestehens der VHS im Dezember 1997 zur Zukunft des Schiffsmodellbaus

Klaus Dieter, seit 2 Jahren Mitglied in der VHS, hat mal wieder den Wunsch ein Modell zu bauen. Per Internet sucht er sich aus den zahlreichen internationalen Angeboten ein passendes Modell heraus. Die 450 Eurodollar werden automatisch von seinem Konto abgebucht.

2 Tage später bekommt er das Modell frei Haus geliefert. Nach Öffnen des Kartons setzt er den beiliegenden Miniroboter in Betrieb. Während der Roboter das Modell zusammenbaut, informiert sich Klaus über die beiliegende CD-Rom, wie die Fernsteuerungsanlage zu installieren ist. 6 Stunden später hat der Roboter seine Arbeit getan. Eine Lackierung erübrigt sich, da das Modell wie üblich schon vom Hersteller mit der richtigen Farbgebung versehen ist.

Am darauf folgenden Sonntag fährt Klaus mit dem Shuttle zur neu durch Kiesabbau entstandenen Seenlandschaft am Hohnsen, wo sich die Mitglieder der VHS treffen. Nach einer kurzen Probefahrt legt Klaus Dieter seinen Sender in eines der Senderterminals und klingt sich in den Zentralrechner des Vereins ein. Nun zieht sein Schiff, wie die anderen 35 Modelle des Vereins, automatisch seine Bahn. Der Zentralcomputer sorgt dafür, dass es keine Kollisionen gibt. Klaus hat nun Zeit für ein Schwätzchen mit den Vereinskameraden, die sich über den letzten Wettkampf in Berlin unterhalten. Da er noch nie einen Wettkampf besucht, hört er gespannt zu, was die Vereinskollegen erzählen:

„Bei allen F2- und F4-Wettkämpfen ändern die Mikroprozessor-gesteuerten Bojen blitzschnell ihre Position, wenn das Modell noch 3 Meter von der Tordurchfahrt entfernt ist. Die Fahrer müssen grundsätzlich auf Handsteuerung umschalten. Seit dem Jahr 2005 sind automatische Zielvorrichtungen zum Bojen Treffen weltweit von der Naviga verboten worden. In der Klasse F6 und F7 werden neuerdings nur noch Modelle zugelassen, die mindestens 200 Funktionen haben, damit die Zuschauer sich nicht langweilen. Bei Ausrichtung von ECO-Wettkämpfen sind Sicherheitsfangnetze im Bereich der Zuschauer zwingend vorgeschrieben, da die Modelle Geschwindigkeiten bis zu 90km/h erreichen. Durch die Verwendung der neu entwickelten Ultra-Hybrid-Akkus wird die Fahrzeit pro Lauf auf 40 Minuten erhöht. Ein Berühren der Modelle oder gar Akkuwechsel während eines Laufes ist streng verboten und führt zur sofortigen Disqualifizierung. Alle ECO-Boote müssen ohne Navigationshilfen gefahren werden.“

Klaus staunt nicht schlecht, als er die Ausführungen der Vereinskameraden hört, zumal eines der ältesten Mitglieder danach erzählt, wie das alles früher war, so um das Jahr 1997 herum …